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Die große alte Dame des Roten Kreuzes ...

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... wird 99 Jahre alt. Aus Anlaß des unmittelbar bevorstehenden Geburtstages unserer Ehrenvorsitzenden Karla Matthes möchten wir heute einen Beitrag auf unseren Webseiten präsentieren, der aus dem Buch "Gesichter & Geschichten aus dem Kreis Groß-Gerau" des Journalisten Walter Keber stammt und vor kurzem bereits im Magazin "WIR in GG" zu lesen war:

Karla Matthes vollzieht mit einem Hammerschlag die symbolische Grundsteinlegung für das Groß-Gerauer DRK-Kreiszentrum, das heute ihren Namen trägt – mit Landrat Blodt (rechts) als einem der Schirmherrn. Karla Matthes vollzieht mit einem Hammerschlag die symbolische Grundsteinlegung für das Groß-Gerauer DRK-Kreiszentrum, das heute ihren Namen trägt – mit Landrat Blodt (rechts) als einem der Schirmherrn.

„Das Rote Kreuz war mein Leben“, blickte 2006 Karla Matthes zurück – und ein bisschen „ist“ das auch noch so nach ihrem Ausscheiden aus der Vorstandsarbeit in den Ruhestand geblieben. 15 Jahre lang – bis 1992 – war die Wahl-Groß-Gerauerin DRK-Kreisvorsitzende, und das zu einer Zeit, als es keineswegs selbstverständlich war, dass eine Frau einer so großen Organisation vorstand. Doch die auch im hohen Alter damenhaft und dennoch jung Wirkende strahlt eine solch natürliche Autorität aus, dass sie unangefochten an der Spitze der kreisweiten Dependance der großen weltweiten Hilfsorganisation stand. Vor allem aber überzeugte Karla Matthes immer mit enormer Einsatzkraft und war Vorbild. 

 

So absolvierte sie eine Bilderbuchkarriere von der einfachen Helferin zur Kreisvorsitzenden, mit ehrenamtlichen Verpflichtungen auf Bezirks- und Landesebene. Wie hoch ihr Engagement in den eigenen Reihen geschätzt wird, dafür steht, dass das DRK-Kreiszentrum Groß-Gerau ihren Namen trägt. Sie selbst sagt dazu: „Es hat mir immer viel Freude gemacht“.

Die 1917 in Weimar Geborene kam 1955 in den Kreis Groß-Gerau mit ihrem Ehemann, Amtsgerichtsrat und Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes. Schon mit jungen Jahren – von 1941 an – hatte sich Karla Matthes beim Roten Kreuz engagiert. Zum einen war ihr Wunsch, vor dem Hintergrund der kriegerischen Auseinandersetzungen zu helfen, der Auslöser. Aber ein wenig trieb sie auch der Jugendtraum, vielleicht einmal in die früheren deutschen Kolonien zu gehen, wofür eine Rote-Kreuz-Ausbildung Voraussetzung war. Die Weltgeschichte verlief bekanntlich ganz anders. Auch in Groß-Gerau, der neuen südhessischen Heimat, engagierte sich Karla Matthes fürs DRK. Schnell hatte sie das Amt der Kreisbereitschaftsführerin übernommen, ein arbeitsintensiver Posten. Doch genau das nützte ihr, als sie 1977 Kreisvorsitzende wurde. Immerhin brach mit ihrem Vorsitz beim Roten Kreuz im Kreis Groß-Gerau eine neue Ära an. Bis dahin war oft ein Landrat Chef des großen, weltanschaulich unabhängigen Verbandes gewesen.

Mit Karla Matthes übernahm eine Frau, zudem ohne politisches Amt im Hintergrund, das Kommando. Größere Probleme bereitete das aber nicht, erinnert sie sich. "Das ging nahtlos.“ Denn ihre Mitstreiter kannten sie seit Jahren als ungewöhnlich aktiv und trauten ihr die Ausübung des Amtes daher zu. Karla Matthes erfüllte in der Tat alle Erwartungen, stand eineinhalb Jahrzehnte viel gelobt an der Spitze der Kreisorganisation. Sie habe immer gern im Team gearbeitet, Platz für Diskussionen zur Entscheidungsfindung gelassen. Und meistens habe sie ja auch sehr gute Mitstreiter gehabt. Freilich, am Ende habe sie natürlich entscheiden und auch den Kopf für das Beschlossene hinhalten müssen. Durchsetzungsvermögen und Selbstbewusstsein sei in solch einer Position ebenfalls gefordert gewesen. 

Die parteilose DRK-Vorsitzende wurde und wird von allen geschätzt. Dass sie beispielsweise den späteren Landrat Willi Blodt – als DRK-Kreisvorsitzender ihr Vorgänger – schon als Kreisjugendpfleger kennengelernt und mit ihrem Mann oft mit Blodt in der Kantine der Kreisverwaltung zu Mittag gegessen habe, das habe nicht nur guten Kontakt geschaffen, sondern auch die spätere Übernahme des Vorsitzes erleichtert. Gute Verbindungen hielt sie zu allen Verantwortlichen. Sturer Verbandsegoismus war ihr fremd. So arbeitete der DRK-Kreisverband gut mit dem traditionell in der Mainspitze verwurzelten Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) zusammen. In der Zeit, da Karla Matthes nicht nur im Kreis, sondern darüber hinaus auch als Bezirks- und Landessanitäts-Dienstleiterin an herausragender Stelle tätig war, absolvierte das Rote Kreuz einen rasanten Wandel. Immer mehr Aufgaben kamen auf das DRK zu: von Katastropheneinsätzen bis zur praktischen Sozialarbeit reichte die Spanne. Nicht nur der alltägliche Dienst, bei dem viele wie selbstverständlich den Einsatz des Roten Kreuzes und seiner Helferschar erwarten, sondern auch die Leitung einer Organisation mit vielen selbstbewussten Helfern und Ortsvereinen bescherten Karla Matthes reichlich Arbeit. Manchmal sei dabei viel Fingerspitzengefühl geboten gewesen, verrät sie mit verschmitztem Lächeln. Immer aber war Karla Matthes ein Mensch, der mit ganzemHerzen bei der Sache war und dem trotz hoher Professionalität menschliches Leid bei den vielfältigen Einsätzen unter die Haut ging. „Das geht einem schon sehr nahe.“ Ungezählte kleinere Einsätze, aber auch regelrechte Katastrophen aus den Jahren, in denen Karla Matthes an herausragenden Stellen im DRK mitwirkte, stehen dafür. Dazu zählen beispielsweise der Brand in der Raunheimer Caltex-Raffinerie und das S-Bahn-Unglück in Rüsselsheim – jeweils mit einer größeren Zahl von Toten. Menschliche Not zu lindern und für den Fall der Fälle das DRK gerüstet zu wissen, das war Karla Matthes ein Herzensanliegen. Sie wurde gehört, und ihr Wort hatte Gewicht. So setzte sie sich nachhaltig für den Ausbau des Rettungswesens im Kreisgebiet ein, auch wenn es finanziell schwierig war. Zu diesen Neuerungen gehört das Notarztwagen-System ebenso wie der Einsatz qualifizierten Rettungspersonals. Maßgeblichen Anteil hatte Karla Matthes zudem am Ausbau der Arbeitsmöglichkeiten und der Ausstattung ihrer Hilfsorganisation. Noch gut erinnert sie sich an die Zeiten, als der DRK- Kreisverband in zwei kleinen Zimmerchen in einem Anbau am früheren Landratsamt, wo heute die Zentrale der Kreissparkasse in Groß-Gerau steht, residierte. Ein enormer Schritt nach vorne sei der Bau des neuen Rot-Kreuz-Zentrums, bewusst in der Nähe des Kreiskrankenhauses Groß-Gerau, auf einem vom Kreis in Erbbaurecht überlassenen Grundstück gewesen. Und dass dieses Haus, für das sie einst symbolisch den Grundstein gelegt hat, ihren Namen trägt, darauf ist sie schon ein wenig stolz. 

„Es ist mir schwergefallen aufzuhören“, bekennt sie zu ihrem Entschluss von 1992, nicht mehr für den Vorsitz zur Verfügung zu stehen. Aber schließlich sei sie damals 75 Jahre geworden, so dass sie befunden habe: „Die Zeit war gekommen.“ Eine neue Generation habe die Verantwortung im Kreisverband übernehmen müssen. Dies sei gelungen. Auch ohne Vorstandsamt engagiert sich Karla Matthes weiter für ihr Rotes Kreuz, unter anderem in der Sozialarbeit, und weiterhin besucht sie die DRK-Veranstaltungen. Nur, ausgemachte Sache ist für sie: Reinreden, das tue sie den neuen Leuten an der Spitze ganz bewusst nicht.

 


 

Zur Person: Karla Matthes, 1917 geboren in Weimar, Jugend und Abitur; 1941 Beginn des Engagements beim DRK als freiwillige Helferin; 1955 Umzug nach Groß-Gerau und erneut Mitarbeit beim Roten Kreuz, zunächst als Kreisbereitschaftsleiterin; 1977 bis 1992 Vorsitzende des DRK-Kreisverbandes Groß-Gerau, danach weiter in der Sozialarbeit engagiert. Verheiratet, ein früh verstorbener Sohn, eine Enkeltochter und zwei Urenkel. Sie erhielt unter anderem alle vom Roten Kreuz zu vergebenden Ehrungen und das Bundesverdienstkreuz.

 


 

Mit Unterstützung der Kreissparkasse Groß- Gerau ist 2007 das Buch „Gesichter & Geschichten aus dem Kreis Groß-Gerau“ im Welzenbach Verlag erschienen (263 Seiten, 19,80 Euro). Es enthält 123 Porträts, verfasst von dem Journalisten Walter Keber (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.). Die Verwendung des Beitrages über Karla Matthes erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autor sowie der Redaktion des WIR-Magazines.